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24.
August
2012
Lebensmittel Zeitung
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S O R T I M E N T E :
F L E I S C H - U N D W U R S T WA R E N
Der Handel strebt mit Blick auf
die Tierwohldebatte eine Bran-
chenlösung über das QS-System
an. Wie soll die aussehen?
Dem deutschen Handel geht es um
das Image des Nahrungsmittels
Fleisch. Er möchte, dass unsere Ver-
braucher mit gutem Gewissen Fleisch
einkaufen. Wenn ein Mehr an Tier-
wohl erreicht werden soll, geht das
nur über die aktive Einbindung aller
an der Produktion von Fleisch und
Wurst beteiligten Stufen. Also genau
jenen, die bereits bei QS dabei sind.
Derzeit wird mit Fachverbänden, Wis-
senschaft und Marktteilnehmern dis-
kutiert, wie das konkret umgesetzt
werden kann. Was sich klar abzeich-
net ist, dass der Handel eine Bran-
chenlösung über QS anstrebt und kei-
ne Einzelinitiativen. Denn Tierschutz
ist nicht teilbar.
Wie soll das System konkret funk-
tionieren?
Mehr Tierwohl in QS geht nur auf
freiwilliger Basis. Es sollen für jede
Stufe Kriterien festgelegt werden,
die zeitlich gestaffelt erfüllt werden
müssen. Dann weiß jeder Markteil-
nehmer, der mitmachen möchte,
worauf er sich einstellen muss. Dazu
wird jetzt ein Katalog entworfen,
welche Tierwohlkriterien zu erfüllen
sind. Es gibt Vorgaben, die eindeu-
tig und umsetzbar sind, aber auch
komplizierte wie etwa das Schwän-
zekürzen bei Ferkeln, wo es sehr
schwierig wird.
Welche Gegenleistung erhält der-
jenige, der sich dem System an-
schließt?
Es ist daran gedacht, für jedes erfüllte
Tierwohlkriterium einen bestimmten
Punktwert zu vergeben als Basis für die
Vergütung des Mehraufwands. Daher
ist es wichtig, festzulegen, wie viele
Punkte jedem Kriterium zugeordnet
werden. Dazu muss ein gemeinsame
Beschluss gefasst werden. Das ist noch
eine große Herausforderung. Wichtig
ist, dass das Geld wirklich dort an-
kommt, wo die Mehrkosten entstehen.
Was würde das Ganze kosten?
In Euro und Cent kann das jetzt noch
nicht festgemacht werden. Einzelvor-
stöße wären in der Summe aber deut-
lich teurer. Alleingänge einzelner
Handelsunternehmen würden zu er-
heblichen Problemen bei
den
Schlachthöfen führen, die diese kaum
meistern könnten. Klares Ziel ist da-
her, eine Zersplitterung des Marktes
zu vermeiden. Wichtig ist aber auch,
nicht nur Frischfleisch, sondern auch
Fleischwaren einzubeziehen, sonst re-
den wir nur über 20 Prozent des
Marktes. 40 Prozent gehen in die
Wurst, der Rest in den Export.
Wenn das alles einmal aufgebaut
sein wird: Wie erfährt der Ver-
braucher, dass er Produkte mit
erhöhtem Tierwohl-Standard
kauft?
Ganz wichtig: Das System muss ge-
genüber dem Verbraucher kommuni-
zierbar sein, denn am Ende bezahlt
der Verbraucher das Mehr. Und eine
Täuschung muss ausgeschlossen
sein. Wenn das System für mehr Tier-
wohl an QS angeschlossen wird, wei-
chen wir von der bisherigen Systema-
tik mit ihrem einheitlichen Anforde-
rungskatalog ab, der von allen gleich
einzuhalten ist. Jetzt käme ein freiwil-
lig zu erfüllender Tierwohl-Standard
hinzu. Deshalb müssen wir sicherstel-
len, dass die Nutzer des QS-Grund-
standards, diesen auch weiterhin mit
der entsprechenden Auslobung auf
der Ware nutzen können. Wir prüfen,
ob für Ware, die mit einem höheren
Niveau an Tierwohl erzeugt wurde,
ein zusätzliches Label oder eine Zu-
satzkennzeichnung machbar oder
wünschenswert ist.
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NACHGEFRAGT
„Tierschutz ist nicht teilbar“
Dr. Hermann-Josef
Nienhoff, Geschäfts-
führer QS Qualität
und Sicherheit GmbH
FOTO : ANJA BÄCKER
det. Auf den Zwei-Sterne-Standard
setzt die Edeka-Südwest in Zusam-
menarbeit mit der BESH. Fleisch mit
dieser Auszeichnung soll zunächst in
40 Märkten unter dem Namen „Ho-
henlohe Qualitätsfleisch“ angeboten
werden. Christoph Zimmer, Produkti-
onsleiter bei der Bäuerlichen Erzeu-
gergemeinschaft Schwäbisch Hall
rechnet mit einem Bedarf von rund
7 000 Mastschweinen im ersten Jahr in
der Anlaufphase. Derzeit wird die
Kommunikationslinie entwickelt und
die Edeka-Mitarbeiter werden ge-
schult. Die Bauern erhalten 30 bis 40
Cent mehr pro kg als für konventionell
erzeugte Schweine, aber rund1,20 Eu-
ro weniger als für Bio-Schweine. Die
Tiere stammen aus der Region Hohen-
lohe und den angrenzenden Landkrei-
sen. Die zulässige maximale Trans-
portzeit ist halb so lang wie beim Tier-
wohl Label, zwei Stunden statt vier
Stunden. Und das Futter der Tiere
muss zu mindestens 75 Prozent vom
Erzeugerbetrieb beziehungsweise aus
der Region stammen. „Als Ausdruck
der Regionalität, welche beim Tier-
wohl Label fehlt“, sagt Zimmer.
Regionale Qualität
Der DTB will mit seiner Initiative vor
allem für eine „verlässliche und ver-
ständliche“ Kennzeichnung sorgen,
wie es DTB-Präsident Schröder im In-
terview mit der Allgemeinen Fleischer
Zeitung (afz) formuliert. In dem Ge-
spräch beklagt Schröder, dass die zeit-
nahe Umsetzung einer Kennzeich-
nungspflicht für alle Produkte, die tie-
rische Bestandteile enthalten oder die
rasche Einführung einer freiwilligen
staatlichen Tierschutzkennzeichnung,
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