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Im Regal
Fleisch
16. November - 03. Dezember 2012
22/12 Lebensmittel Praxis
QS will Branchenlösung und
keine Marktspaltung
Ist Tierwohl unteilbar oder doch ein Anknüpfungspunkt für
Wettbewerbsdifferenzierung? Im Interview dazu der QS-Chef Dr.
Hermann-Josef Nienhoff.
Von Christina Steinheuer
QS ist ein Beispiel für gute Branchenkom-
munikation. Jetzt sollen sich die Bonner um
das Thema Tierwohl kümmern.
Herr Dr. Nienhoff, kann das gelingen?
Hermann-Josef Nienhoff:
Wir stehen für
eine erfolgreiche gemeinsame Qualitäts-
sicherung in der Lebensmittelkette. Beim
Thema Tierwohl sind die Interessen inner-
halb der Wertschöpfungsketten Fleisch –
angefangen bei den Tierhaltern bis hin zu
den Einzelhändlern – vielschichtig, die an-
gestrebten Ziele werden unterschiedlich
angesetzt. Aber alle betonen: Tierschutz sei
nicht teilbar. Ein Mehr an Tierwohl – über
das gesetzliche Maß hinaus – kann nur ge-
lingen, wenn alle mitmachen, vom Land-
wirt bis zur Ladentheke. Und eins ist auch
klar: Ein Mehr an Tierwohl ist unweigerlich
mit höheren Kosten für die Tierhalter ver-
bunden. Die muss der Handel und letztlich
der Verbraucher honorieren.
Wie lautet Ihr Auftrag? Und in wessen
Auftrag agieren Sie?
Zu den Initiatoren und Unterstützern der
Initiative zum Tierwohl bei Schweine-
fleisch gehören die führenden Unterneh-
men des Lebensmitteleinzelhandels, die
Marktführer der Fleischwirtschaft sowie
wichtige Interessensvertretungen der
Schweineproduzenten und der Fleischwirt-
schaft. Also praktisch die ganze Branche.
QS hat die Aufgabe, die Gespräche der
Wirtschaftsbeteiligten zu koordinieren. Ei-
nen gleichlautenden Auftrag erfüllen wir
parallel für die Geflügelwirtschaft.
Westfleisch hat die Aktion Tierwohl, Tön-
nies und Westfleisch sind „Beter Leven“-
zertifiziert, Wiesenhof forciert sein Privat-
hof-Konzept, die Coop Kiel mit Vion und
dem Tierschutzbund ein eigenes Siegel.
Was halten Sie von alledem?
Das sind Ansätze. Es werden Lösungen für
bestimmte Marktsegmente angeboten.
Branchenlösungen sehen anders aus. Die
Verbraucher werden an der Ladentheke
über den Erfolg entscheiden.
Ist der Markt nicht längst gespalten?
Nein, der Markt lebt von diversen Initiati-
ven und Ideen. Beim Thema Tierwohl ist ei-
ne breite Branchenlösung sinnvoll, ohne je-
doch Einzelinitiativen auszubremsen.
Kann Tierwohl überhaupt der Profilie-
rung einzelner Unternehmen dienen?
Da bin ich skeptisch. Tierwohl ist nicht
teilbar.
Foto:
QS
Markt
Wozu braucht man QS jetzt noch?
QS ist das Qualitätssicherungssystem für
die Produktion und Vermarktung frischer
Lebensmittel. Dazu erarbeiten wir in Ab-
stimmung mit der Wirtschaft Leitfäden –
mit klaren, praktikablen und messbaren
Kriterien. Beim Thema Tierwohl ist das
nicht anders. Heute schon bezieht sich eine
Vielzahl von QS-Kriterien auf den Bereich
Tierschutz. Allein 20 von insgesamt 57 Kri-
terien in der Schweinehaltung erstrecken
sich auf diesen Bereich.
Wird von Ihnen Unmögliches verlangt?
Unmöglich ist nichts. Nur: Zum Tierwohl
alle Beteiligten an den Tisch zu bekommen
und gemeinsam um Lösungen zu ringen,
ist eine neue Herausforderung. Aber Aus-
sitzen und Abwarten dient niemandem.
Dazu steht zu viel auf dem Spiel.
Macht Ihnen Ihr Job derzeit noch Spaß?
Ja. Ich kann gerade auf zehn erfolgreiche
Jahre QS blicken und freue mich auf die
nächsten Herausforderungen. Für mich
gibt es nur diesen einen Job!
„Heute schon bezieht
sich eine Vielzahl von
QS-Kriterien auf den
Bereich Tierschutz.“
Dr. Hermann-Josef Nienhoff will QS ausbauen.
Das ganze Interview, auch zu den The-
men Rohstoffe, Preise, Antibiotikamoni-
toring und dem neuen Arzneimittelgesetz
unter:
www.lebensmittelpraxis.de