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Hofe
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NACH DER PRAXIS
die lokale Landschaft. Diese Einschätzung überrascht, da
man diese Hochschätzung eher bei städtischen Besuchern
erwartet hätte. Den Dorfbewohnern ist also der Wert ihrer
landschaftlichen Umgebung durchaus bewusst. Auf den
nächsten Rangstufen folgten jeweils die sozial-kommunika-
tiven „Werte“ wie Nachbarn, Verwandte und Vereine, deren
Vorteile man ebenso einzuschätzen weiß. Die starke Orts-
bezogenheit der Dorfbewohner wurde zusammenfassend
bestätigt mit der Frage, wie man sich selbst bezeichnen
würde. 81 Prozent bezeichneten sich als „Elsoffer“ (obwohl
man ja längst in eine Großgemeinde integriert ist). 71 Pro-
zent fühlten sich zusätzlich als „Wittgensteiner“, obwohl der
alte Kreis Wittgenstein bereits 1975 dem Kreis Siegen zuge-
schlagen wurde. Man identifiziert sich also mit dem Ort und
der nahen, altgewohnten Region, auch wenn diese durch
ihre Mittelgebirgs- und Verkehrslage vielfach benachteiligt
ist. Alle Maßnahmen, die zur Störung dieser Identifikation
beitragen können, werden von der Bevölkerung mit größter
Skepsis betrachtet. So wird die Eingemeindung Elsoffs im
Zuge der kommunalen Gebietsreform 1975 bis heute weit-
gehend abgelehnt.
Die lokale Identität wird in vielen Dörfern gepflegt. Zahlrei-
che Vereine und Aktivgruppen befassen sich mit der Ge-
schichte, Kultur und Natur ihres Ortes. Sie dokumentieren
historische Begebenheiten, erklären den geologischen Un-
tergrund oder die frühere und heutige Bedeutung des Dorf-
baches. Wie kaum ein Zweiter hat Erwin Zillenbiller die
Geschichte und Natur seines Heimatortes Veringenstadt für
die Dorfbevölkerung konkret aufgearbeitet und dokumen-
tiert. Sein Hauptanliegen ist die Wertschätzung der Bewoh-
ner für ihr Dorf: „Je anschaulicher wir die Bewohner in die
Tiefen ihrer Herkunft, der Entstehung ihrer Kulturlandschaft
als Lebensraum und ihres Dorfes als Sozialraum blicken las-
sen, umso mehr gedeiht Mitverantwortung für Wertschät-
zung, Erhalt und Pflege des Heimatortes. Unverwechselbare
Orte der Erinnerung, der Begegnung, des Verweilens sowie
heimelige Atmosphäre im Raumgefüge von Plätzen und
Straßen sind Marksteine der Identitätsfindung.“
In enger Beziehung zur Ortsbezogenheit steht die Zufrie-
denheit der Bewohner mit ihrem Wohnort beziehungsweise
Wohnumfeld. Seit Jahrzehnten wird in repräsentativen Um-
fragen immer wieder bestätigt: Die Zufriedenheit der Be-
wohner mit ihrer räumlichen Umgebung ist auf dem Land
deutlich größer als in der Stadt. Auf die Frage des Allens-
bacher Institutes „Wo leben Ihrer Ansicht nach die Men-
STADT, LAND, FLUCHT?
Das Landleben wartet mit vielen Pluspunkten auf: Verbun-
denheit, nachbarschaftlicher Zusammenhalt, Sicherheit,
Naturnähe und Entschleunigung. So das Ergebnis des re-
nommierten Marktforschungsinstituts TNS Infratest. Es
befragte im Februar 2014 die deutsche Bevölkerung (im
Auftrage der Deutschen Bank) zum Leben in der Stadt und
auf dem Land. Hier zwei weitere sehenswerte Ergebnisse:
Prozent der
deutschen Landbewohner
sind zufrieden mit ihrer
Wohnsituation.
Prozent der deutschen
Gesamtbevölkerung
wünschen sich ein
ländliches Wohnumfeld.