Abbildung 1: Antibiotikaeinsatz im QS-System in Deutschland in den Jahren 2014 bis 2018 (Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Der Antibiotikaeinsatz in Deutschland erfolgt gewissenhaft und konnte seit 2014 deutlich reduziert werden. Dies belegt sowohl der vor kurzem von der Bundesregierung veröffentlichte Evaluierungsbericht zum Antibiotikaminimierungskonzept der 16. Arzneimittelgesetz-Novelle als auch der zeitgleich erschienene 2. Statusbericht zum Antibiotikamonitoring im QS-System.
Im QS-System konnte der Einsatz von Antibiotika innerhalb der letzten vier Jahre um 253,2 Tonnen (-35,7 Prozent) gesenkt werden (Abbildung 1).
Neben der Betrachtung der Zahlen hierzulande sollte jedoch auch der Blick über den Tellerrand nicht vernachlässigt werden: Wie hat sich der Antibiotikaeinsatz im europäischen Ausland entwickelt? Ist der Antibiotikaeinsatz der QS-Betriebe in Deutschland mit dem aus dem Ausland vergleichbar? Ein gesamt-europäischer Vergleich ist schwierig, da keine einheitliche Erfassungs- und Auswertungsmethode existiert (siehe unten). Die Daten aus dem QS-System wurden daher mittels der Methoden anderer europäischer Länder ausgewertet, um einen Eins-zu-Eins-Vergleich zwischen QS-Betrieben in Deutschland und den jeweiligen Ländern zu erhalten. Dennoch können aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlagen (Abgabe- vs. Verbrauchsmengen) und Tierarzneimittelzulassungen nur Entwicklungen und keine absoluten Werte miteinander verglichen werden.
Antibiotikaeinsatz in Europa
Einen ersten Ansatz für den gesamt-europäischen Vergleich des Antibiotikaeinsatzes liefert das European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption (ESVAC) Projekt mit der Berechnung des jährlichen Antibiotikaeinsatzes in Milligramm pro Population Corrected Unit (mg/PCU). Unter Einbezug der Abgabemengen für Haus- und Heimtiere und für alle lebensmittelliefernden Tiere inklusive Pferde birgt diese Berechnung aber unter anderem den Nachteil, dass die Verbrauchsmengen bei Heim- und Haustieren sowie Nutztieren nicht differenziert werden können und somit lediglich einen Näherungswert darstellen. Ebenso ist kein Rückschluss auf den Antibiotikaeinsatz innerhalb der einzelnen Tiergruppen möglich. Unterschiedliche Tierarzneimittelzulassungen sowie landestypische Verschreibungsmuster erschweren den Vergleich (1).
Tabelle 1: DDDAnat der Niederlande und für QS-Betriebe in Deutschland. (Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Niederlande
Was wird berechnet? Der nationale Antibiotikaeinsatz innerhalb einer Nutztierart wird im Antibiotikamonitoringprogramm der Niederlande durch die Defined Daily Dose definiert (DDDAnat). Die DDDAnat benennt die durchschnittliche Anzahl an Tagen mit Antibiotikaeinsatz je Tier (MARAN 2018 (2)).
Die DDDAnat zeigt in den Niederlanden und für die QS-Betriebe in Deutschland sowohl bei Schweine als auch bei Geflügel haltenden Betrieben zwischen 2014 und 2017 eine deutliche Reduktion des Antibiotikaeinsatzes (Tabelle 1).
Abbildung 2: DDDAnat der Niederlande und für QS-Betriebe in Deutschland bei Masthühnern im Jahr 2017 nach Wirkstoffgruppen. (Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Für Geflügel zeigt sich zudem, dass das Wirkstoffspektrum der beiden Länder variiert (Abbildung 2). Während in den QS-Betrieben in Deutschland vorwiegend Kombinationspräparate (z.B. Lincomycin und Spectinomycin) und Polypeptid-Antibiotika eingesetzt werden, stehen in den Niederlanden Penicilline und Quinolone (z.B. Flumequin) im Vordergrund. Dies ist unter anderem durch die unterschiedlichen Tierarzneimittelzulassungen und -verfügbarkeiten innerhalb der Länder bedingt. Beispielsweise ist in Deutschland für den häufig bei Geflügel in den Niederlanden eingesetzten Wirkstoff Flumequin derzeit kein Präparat im Handel erhältlich.
Abbildung 3: DAPD* für Dänemark und für QS-Betriebe in Deutschland. (* Zinkoxid wird in der Berechnung der DAPD nicht berücksichtigt)
Dänemark
Was wird berechnet? Der nationale Antibiotikaeinsatz wird mittels der DAPD berechnet. Die DAPD drückt aus, wie viele Tiere von 1.000 Tieren an einem Tag mit einer durchschnittlichen Erhaltungsdosis eines Wirkstoffes behandelt wurden. Die DAPD wird nur für Schweine haltende Betriebe ermittelt (DANMAP 2017(3)).
Die DAPD konnte sowohl in den QS-Betrieben in Deutschland als auch in Dänemark zwischen 2014 bis 2017 in der Nutzungsgruppe der Aufzuchtferkel verringert werden, wenngleich diese Nutzungsgruppe in beiden Ländern die am häufigsten behandelte darstellt (Abbildung 3). Der Anteil behandelter Tiere bei Mastschweinen und Sauen und Saugferkeln ist in beiden Ländern weitestgehend konstant.
In Bezug auf Schweine haltende Betriebe bleibt jedoch abzuwarten, wie sich der Antibiotikaeinsatz in Dänemark und den Niederlanden zukünftig entwickelt. In diesen Ländern wird/wurde häufig Zinkoxid präventiv gegen Ferkel- und Absetzdurchfall eingesetzt (z.B. in Dänemark zwischen 527 und 548 Tonnen jährlich in den Jahren 2015 bis 2017). In Deutschland hat das lediglich als Fütterungsarzneimittel zugelassene Zinkoxid dagegen kaum eine Bedeutung. Die durch Zinkoxid verursachte Umweltbelastung und die Möglichkeit der Selektion resistenter Bakterien veranlassten die Europäische Union 2017 dazu, die Anwendung von Zinkoxid als Tierarzneimittel bei Schweinen ab dem Jahr 2022 zu verbieten (4). Die Niederlande hat diesem Verbot vorweggegriffen und den Einsatz von Zinkoxid als Tierarzneimittel bereits seit dem 1. Januar 2018 untersagt.
Tabelle 2: Jährlicher Antibiotikaeinsatz in Milligramm pro Kilogramm Tiergewicht bei Schweinen (Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Belgien, Frankreich, Österreich, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
Was wird berechnet? Der jährliche Antibiotikaeinsatz wird in Milligramm pro Kilogramm Tiergewicht angegeben (BelVet-SAC 2018 (5), ANSES-ANMV 2017(6), AGES-Antibiotika 2017 (7), UK-VARSS 2017 (8)).
Bei Schweinen und bei Geflügel konnten die eingesetzten Antibiotikamengen zwischen 2014 und 2017 in deutschen Betrieben des QS-Systems sowie in allen betrachteten Ländern reduziert werden (Tabellen 2 und 3). Für Geflügel verzeichnet Großbritannien die deutlichste Reduktion. In den weiteren Ländern haben die eingesetzten Mengen ab dem Jahr 2015 ein annähernd konstantes Niveau erreicht; auch wenn keine absoluten Werte verglichen werden sollen, liegen sie für die QS-Betriebe in Deutschland insgesamt höher.
Tabelle 3: Jährlicher Antibiotikaeinsatz in Milligramm pro Kilogramm Tiergewicht bein Gefügel (Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Die Zahlen werfen die Frage auf, ob in den Geflügel haltenden QS-Betrieben in Deutschland tatsächlich mehr Antibiotikaeingesetzt werden und wenn ja, warum. Daran schließt sich die Frage an, welche Maßnahmen in den Nachbarländern – insbesondere in Großbritannien – umgesetzt werden, von denen auch die deutsche Geflügelhaltung profitieren könnte. Diese Fragestellungen sind insbesondere durch die Tierärzte auf den Betrieben zu prüfen.
Italien, Polen und Spanien
Was wird berechnet? Unter Einbezug der behandelten Tierzahl, der Anwendungsdauer und den durchschnittlich belegten Tierplätzen wird der Therapieindex berechnet. Der Therapieindex stellt die durchschnittliche Anzahl an Behandlungseinheiten je Tier dar (9).
QS-Systempartner sind auch Betriebe in Italien, Polen und Spanien. Daher können die Betriebe dieser Länder direkt mit den QS-Betrieben in Deutschland verglichen werden. Die Therapieindices bei Schweinen und Geflügel konnten in allen Ländern im Verlauf der Datenerfassung gesenkt werden (Abbildungen 4 und 5). Dabei sind die Therapieindices der QS-Betriebe in Deutschland niedriger als in den anderen Ländern.
Fazit
Die Betriebe im QS-System in Deutschland konnten zwischen 2014 und 2018 eine umfassende Reduktion ihres Antibiotikaeinsatzes erreichen. Diese Reduktion ist auch in den umliegenden europäischen Ländern sichtbar. Um einen aussagekräftigen Vergleich zwischen allen Ländern aufstellen zu können, ist jedoch eine einheitliche europäische Erfassungs- und Auswertungsmethode erforderlich, die unter Berücksichtigung der eingesetzten Verbrauchsmengen und der unterschiedlichen Tierarzneimittelzulassungen einen Vergleich jeder Nutzungsgruppe ermöglicht.